Heimweh

Aussicht von der "Berg"-Wiese auf die gegenüberliegende Talseite
Aussicht von der "Berg"-Wiese auf die gegenüberliegende Talseite

 

Heyho (= 

 

Gerade habe ich mit meinem Freund telefoniert. Und jetzt - ziemlich erfolgreich - den ersten Heimweh-Schub. Gerade würde ich am liebsten meine Sachen packen und zu meinem Freund und meiner Familie fahren, dem Hund und den Meerschweinchen. Selbst meine Geschwister fehlen mir irgendwie - normal, werden die meisten sagen. Und ja, irgendwie ist es das auch. Nachdem unser Verhältnis aber angeblich selbst für Geschwister erstaunlich schlecht war, fühlt es sich jetzt doch irgendwie komisch an, die beiden "Nervzwerge" zu missen. 

 

Ich fühle mich hier wirklich, wirklich wohl. Ich wohne seit Sonntag hier in Hamburg, also inzwischen den 5. Tag, wenn ich richtig gezählt habe. Sonntag - Montag - Dienstag - Mittwoch - und heute, Donnerstag. Sind fünf - abzählen funktioniert also noch. Bisher verging beinahe jeder Tag voller Aufgaben, zu erledigender Dinge und neuen Erlebnissen. Vermutlich ein Grund, weshalb ich oft vor 12 im Bett, dafür aber immer gegen 9 Uhr wieder aufgewacht bin. Ein recht seltsam "normaler" Rhythmus für einen Menschen in meinem Alter, aber was soll's. Weggehen alleine hat irgendwie einfach auch keinen wirklichen Reiz, zumal ich nicht einmal wüsste, wohin ich gehen soll. In die Stadt? - In der Stadt wohne ich, wenn auch etwas außerhalb. Aber "außerhalb" ist immer noch relativ, zumal ich vom tiefsten Dorf komme und immer noch vollkommen fasziniert bin, dass ich 24/7 irgendwie zurück in die WG kommen kann. 

Nunja. Jetzt im Moment fehlt mir trotzdem gerade diese Abgeschiedenheit, die nicht selten auch ganz schön anstrengend war. Das Rauschen der Blätter des Waldes, das Insektengesumme der großen Lichtung im Talbett. Die etwas höher gelegene Wiese, von der aus man so wundervoll diesen rötlichen Sandstein sehen kann, an den ich ganz wundervolle Erinnerungen mit einer sehr wertvollen Freundin teile. Die Aussicht, die ihr auf dem Foto betrachten könnt.

Ich vermisse die Menschen, die vorbei gehen um wandern zu gehen und von denen zumindest die "Einheimischen" vertraute Gesichter sind, die gerne mal anhalten um eine kleine Plauderei zu führen, bevor sie ihren Weg fortsetzen. 

Hier habe ich bisher nur mit meiner Mitbewohnerin so richtig gesprochen. Klar, auch mit den Menschen der buddhistischen Gruppe - aber Du weißt ja sicherlich selbst, wie ein Gespräch mit neu getroffenen Menschen abläuft. Aber ansonsten? Typisch Großstadt vermutlich. Aber es ist nun mal so, dass das für mich noch vollkommen ungewohnt ist. Und ich vermisse es, regelmäßig bekannte Gesichter zu sehen. Meinem Freund einfach so auf der Straße zu begegnen, weil wir zufällig beide die gleiche Straße entlang gehen (oder fahren). Meine Mama zu knuddeln, weil sie einfach unglaublich süß sein kann. Und gedankliche Knuddler als Dank dafür, dass sie vergessene (leichte) Sachen nachsenden möchte.. das ist einfach nicht das gleiche als sie wirklich in die Arme schließen zu können. 

 

Heimweh ist vollkommen normal. Und ich habe mich immer mal wieder danach gesehnt, einfach nach Hause gehen zu können und Fragen zu stellen, die ich mir jetzt selbst beantworten MUSS, weil ich nicht wegen jeder Kleinigkeit zuhause anrufen kann. Nicht mal auf meine (zugegeben, selbstgespräch-ausgelegten) Frage "Was esse ich heute eigentlich?" kam eine Antwort. Die wäre zuhause zwar auch in ein "Du bist groß, entscheide selbst" oder ein "Gute Frage. Was wollen wir zu Abend essen?" gemündet, aber es wäre immerhin nicht.. still gewesen. 

Ja. Ich sehne mich nach zuhause. Nach der Wärme eines Dorfes, in dem jeder jeden kennt (und in dem man sich deshalb durchaus beobachteter fühlt als in einer großen Stadt. Aber muss das unbedingt schlecht sein?) Jeden einzelnen Tag sehne ich mich nach daheim. Aber heute, da.. tut es weh, nicht einfach zu den Menschen gehen zu können, die ich liebe und denen ich vertraue. 

 

Aber die Erfahrung (von Klassenfahrten, haha) zeigt, dass Heimweh vergeht und eine schlummernde Sehnsucht bleibt. Eine Sehnsucht, die vielleicht irgendwann abnimmt, weil diese WG hier schließlich mein neues zuhause ist. Und es ist ja nicht so, dass 'zuhause' aus der Welt wäre - es ist nur viel weiter weg als sonst und mit mehr Aufwand verbunden, zumindest befristet zurückzukehren. Dabei steht allerdings ein Plan schon fest: ich werde noch diesen Monat einen Besuch wagen (trotz der Gefahr, dass ich nicht mehr hier her will) - zum Geburtstag meines Freundes. Weil es mir wichtig ist, an dem Tag da zu sein. Und wenn ich eh schon da bin, kann ich ja gleich das ganze Wochenende bleiben und die Anwesenheit der Menschen genießen, die mir fehlen, nicht wahr? 

Ich muss nur noch die Busfahrtickets buchen. In der Hoffnung, dass das Geld dann bis Ende des Monats für genügend Essen reicht. Wenigstens für meine Tiere. 

 

Wie ich mich kenne, bin ich (trotz derzeitigem Heimweh) im Endeffekt wahrscheinlich trotzdem froh, wieder hier in der WG, in Hamburg zu sein. Denn meine Tiere, die werden den Kurzurlaub nicht mit antreten. Mitbewohnerin sei Dank. Den Stress will ich ihnen nicht antun. Außerdem mag ich die Stadt mit ihrem vielen Grün. Wahrscheinlich hat das Heimweh deshalb noch nicht früher zugeschlagen (= 

 

 

So viel zu heute.  Morgen sieht die Welt schon wieder anders aus. Rosiger.